Ein Kurzclip:
https://youtu.be/nEdrW1BiiB0
Eine kurze Geschichte des Methodismus und seiner theologischen Ausrichtung
Der Methodismus entstand im 18. Jahrhundert als eine Erneuerungsbewegung innerhalb der anglikanischen Kirche.
Ein Studentenkreis in Oxford, der von den Brüdern John und Charles Wesley geleitet wurde, kann als Ursprung angesehen werden. Die Hingabe und Disziplin, mit der sie ihr Christsein lebten, vor allem die Verbindung von Bibellektüre und sozialer Arbeit, wurde als besondere Methode empfunden und brachte ihnen den Spottnamen „Methodisten“ ein, den die Bewegung später als Ehrennamen annahm und beibehielt.
Der anglikanische Pfarrer John Wesley (1703-91) machte 1738 unter dem Einfluß von Luthers Vorrede zum Römerbrief die Erfahrung einer persönlichen Bekehrung. In den folgenden 50 Jahren entfaltete er eine beispiellose evangelistische Tätigkeit; seine Tagebücher weisen ca. 40.000 Predigtdienste aus. Dazu bewies er eine große organisatorische Begabung, indem er alle, die sich durch seine Predigten zum Christsein hatten rufen lassen, in sogenannte „Klassen“ (Seelsorgegruppen) zusammenfaßte.
Seine Mitarbeiter waren dabei überwiegend nichtordinierte Laienprediger. Hand in Hand mit seiner evangelistischen Predigt ging bei Wesley ein ausgeprägtes sozial-diakonisches Handeln: Er setzte sich für Gefängnisreformen und die Abschaffung der Sklaverei ein und richtete unter anderem Armenapotheken und Darlehenskassen ein.
Zwei Faktoren führten zur Bildung einer neuen Kirche: die Ablehnung durch die anglikanische Kirche, aus der Wesley eigentlich nie austreten wollte – und die rasche Ausbreitung der Bewegung in Amerika.
Nach Amerika kam der Methodismus durch deutsche Auswanderer. Dort konstituierte sich 1784 die erste methodistische Kirche. Durch Rückkehrer von Amerika kam der Methodismus nach Deutschland.
Ab 1831 wirkte in Württemberg ein „Wesleyaner“ von England her, 1849 nahm die „Bischöfliche Methodistenkirche“ von Bremen aus ihre Tätigkeit auf, und in Württemberg begann 1850 auch die „Evangelische Gemeinschaft“ ihre Arbeit.
Im Verlauf des folgenden Jahrhunderts kam es in Etappen zu Zusammenschlüssen von „Wesleyanischer“ und „Bischöflicher Methodistenkirche“ und 1968 schließlich zum Zusammenschluß von „Methodistenkirche“ und „Evangelischer Gemeinschaft“ zur „Evangelisch-methodistischen Kirche“ (EmK).
Der Methodismus war als evangelistische Bewegung entstanden. Dies prägt seine theologische Grundstruktur bis heute, indem der enge Zusammenhang von Rechtfertigung und Heiligung hervorgehoben wird.
Es wird mit Nachdruck der gelebte Glaube als Leben in der Heiligung betont, zu dem auch die Verantwortung für sozialethische Aufgaben gehört. So betreibt die EmK in Deutschland mehrere Diakoniewerke mit Krankenhäusern, Senioren- und Pflegeheimen und Schwesternschulen, sowie verschiedene Kindergärten, Erholungseinrichtungen und Nachsorgeeinrichtungen für Suchtkranke.
Die EmK versteht sich als Freikirche mit den klassischen Attributen: Persönliches Bekenntnis zu Christus, freiwillige Kirchenzugehörigkeit und Bestreitung der kirchlichen Haushalts durch freiwillige Gaben.
Das bedeutet bezüglich der Kirchenzugehörigkeit - und damit ist auch Bezug genommen auf unser Taufverständnis: Kinder, die bei uns getauft werden, sind mit der Taufe nicht zugleich Kirchenmitglieder. Die Kindertaufe ist eine Feier, bei der die einseitige Zuwendung Gottes zum Menschen symbolisch zum Ausdruck kommt – zugleich erwartet die Taufe die Antwort des Menschen auf Gottes Liebe, die dann bei der Aufnahme in die Kirchenmitgliedschaft öffentlich vor der Gemeinde mit einem Bekenntnis gegeben wird.
Durch die freiwillige Gliederaufnahme kommt die Taufe zu ihrer Vollendung. Werden Erwachsene getauft, was in unserer Kirche auch praktiziert wird, sind sie damit zugleich Kirchenmitglieder. Bei der Aufnahme in die Kirche wird das Versprechen gegeben, die Kirche durch Mitarbeit und durch freiwillige finanzielle Gaben mitzutragen und mitzugestalten.
Finanziell trägt sich unsere Kirche durch freiwillige Spenden, obwohl sie als Körperschaft das Recht zum Kirchensteuereinzug hätte. Konkret sieht das so aus, daß jeder Gemeindebezirk entsprechend seiner Mitgliederzahl und seiner allgemeinen Finanzkraft eine monatliche Summe an die Gesamtkirche abzuführen hat, die sogenannte „Umlage“.
Aus diesem Umlagetopf werden zentral alle Pastorengehälter bezahlt. Was jede Gemeinde darüber hinaus finanziell braucht, um ihre Kosten zu decken (Bewirtschaftung, Projekte, Verwaltung, Bau,...) muß sie über ihre Gemeindemitglieder selbst aufbringen. Die Monatsbezüge der Pastoren bestehen aus einer zu versteuernden Dienstwohnung (Kaltmiete) und einem Brutto-Grundgehalt, das bis auf kleine Unterschiede bei allen, bis hin zum Bischof, gleich ist.
Von seinen Anfängen her ist der Methodismus bis heute eine vor allem durch Laien/Innenmitarbeit getragene kirchliche Gemeinschaft. Predigt und Gottesdienstgestaltung werden in großem Maße auch von Laien getragen, fast alle Gemeinden haben lediglich einen Pastor oder eine Pastorin, die Gestaltung der kirchlichen Arbeit liegt bei den Gemeindemitgliedern. Alle leitenden und gesetzgebenden Organe der Kirche, die sogenannten Konferenzen, sind jeweils zur Hälfte mit Laien besetzt.
Was die Struktur unserer Kirche kennzeichnet ist das sogenannte „Verbundsystem“ die „Connexio“. Für die Gesamtkirche weltweit besteht eine Generalkonferenz als höchste gesetzgebende Konferenz mit einem Bischofsrat. Für die Kirche außerhalb der USA bestehen Zentralkonferenzen. Als grundlegenden Körperschaft der Kirche bestehen Jahreskonferenzen, auf Gemeindeebene leitet eine Bezirkskonferenz, zu der als wichtige Bestandteile Seelsorge- und Dienstgruppen gehören.
Sämtliche Konferenzen sind miteinander verbunden und aufeinander angewiesen und haben, unter Beachtung der Vollmachten der obersten Konferenz, ein Höchstmaß an Eigenverantwortung und Flexibilität, ohne daß der gemeinsame Bezug verlorengeht.
Der Verbundcharakter wird auch durch den bischöflichen Dienst dargestellt. Das Bischofsamt ist von seinem Charakter her als Funktionsamt eines Pastors zu verstehen. Wir ordinieren daher nicht zum Bischof, sondern führen einen Bischof in sein zeitlich begrenztes (12 Jahre) Amt ein.
Nach unserem Verständnis steht ein Bischof nicht kraft seines Amtes in apostolischer Sukzession. Wir bejahen diese zwar, aber nur im Geist und in der Wahrheit, und sie ist an kein Amt gebunden.
Eine verbindende Funktion des Bischofs zwischen Hauptamtlichen und Gemeinden besteht darin, daß er die Aufgabe und Pflicht hat, Dienstzuweisungen für Pastoren und Pastorinnen, die es in der EmK seit über 50 Jahren, wenn auch in kleiner Zahl, gibt, auszusprechen. Etwa alle 10 Jahre bekommen Pastoren eine neue Dienstzuweisung innerhalb ihrer Konferenzzugehörigkeit.
Von seiner Ausgestaltung her ist dieser Vorgang im Moment im Umbruch. Wir praktizieren seit 5 Jahren einen „Runden Tisch“, an dem alle von einer neuen Zuweisung betroffenen Pastoren und Gemeinden miteinander im Gespräch sind, um in persönlicher und dienstlicher Hinsicht eine möglichst zufriedenstellende Konstellation zu erreichen. Das Zuweisungsrecht verbleibt jedoch beim Bischof.
Zur Ausbildung
Die EmK betreibt für den gesamten deutschsprachigen Raum eine theologische Hochschule in Reutlingen. Die Ausbildung ist an ein Empfehlungssystem gekoppelt. D.h. Die Heimatgemeinde eines Bewerbers empfiehlt zum einjährigen Vorpraktikum, die Praktikumsgemeinde und die Jahreskonferenz empfehlen zum Studium. Nach bestandenem theologischem Examen (9 Semester) empfiehlt die Jahreskonferenz zur Probezeit (3 Jahre), die Gemeinde der Probezeit und die Jahreskonferenz empfehlen zur Ordination. 9 Jahre Gesamtausbildung mit 1 Schlußexamen, einer zweiten Dienstprüfung und 7 personenbezogenen Abstimmungen und Empfehlungen betonen das Mitspracherecht der Gemeinden und die auf den Gemeindedienst ausgerichtete Ausbildung (die nicht unbedingt Abitur voraussetzt).
Zum Schluß nochmals zur Theologie
Einer der wichtigen Akzente der Lehre ist der Vorrang der Gnade vor allem menschlichen Tun. In der uns ebenfalls wichtigen Betonung von Bekehrung und Wiedergeburt halten wir fest, daß Gott ein menschliches Leben entscheidend ändern und einen neuen Prozeß des Glaubens, der in der Liebe tätig ist, einleiten kann. Das Stichwort Wiedergeburt betont dabei mehr die göttliche Seite, das Stichwort der Bekehrung mehr den menschlichen Akt.
Für die kirchliche Lehre ist in unserer Kirche wichtig:
- Die Bibel als grundlegendes Zeugnis der Selbstoffenbarung Gottes
- die Tradition der eigenen Kirche und anderer Kirchen
- die Erfahrung als die persönliche Aneignung der Gnade Gottes im eigenen Leben
- die Vernunft als von Gott geschenkte Gabe zur Prüfung und Hilfe bei der Findung der Wahrheit
Die EmK kennt zwei Sakramente, die Taufe, wie oben beschrieben, und das Abendmahl, das wir als eine Zeichenhandlung der Zuwendung Gottes verstehen. Wesley zählte das Abendmahl neben Gebet, Schrift, Fasten und Gemeinschaft zu den sogenannten Gnadenmitteln, durch die Gott und besonders deutlich begegnen will. Wir feiern ein „offenes“ Abendmahl ohne kirchenrechtliche Einschränkung. Wer das Bedürfnis hat, die Gemeinschaft Christi und die Gemeinschaft der Gemeinde zu teilen, ist eingeladen, gleich welcher Konfession.
Zahlen:
Weltweit sind es über 80 Millionen Menschen, die zu Kirchen methodistischer Tradition sowie mit ihnen verbundener unierter und vereinigter Kirchen gehören. In Deutschland gehören rund 52.000 Menschen zur Evangelisch-methodistischen Kirche. Die knapp 500 Gemeinden verteilen sich unterschiedlich auf die Konferenzregionen in Norddeutschland, Ostdeutschland und Süddeutschland.